„Dazu
müssen Sie erst an mir vorbei!“, donnere ich grimmig und lasse den
Besenstiel etwas härter als beabsichtigt gegen die Wand neben mir
schlagen. Ich nehme Verteidigungsposition ein, leicht werde ich es
ihr nicht machen, das kann sie vergessen. Komm doch her, denke ich
mir und verziehe keine Miene. Jedoch muss ich innerlich lächeln...
und genieße den Moment, denn „dazu müssen Sie erst an mir vorbei“
war einer dieser Sätze, die ich schon immer mal hatte sagen wollen.
In etwa so wie „ich bringe diese Kinder jetzt in Sicherheit“ oder
„ein Sturm zieht auf“.
Dies
war er also.
So
fühlte es sich also an.
Mein
Moment, er war endlich gekommen. Ich sonne mich innerlich, lasse
heroische Musik in meinem Kopf ertönen und spüre, wie mein Blut in
Wallung gerät. Was noch von diesem vorbeiziehenden Moment übrig
ist, atme ich regelrecht und möglichst tief ein, um mich für immer
daran zu erinnern. Ich hatte eines meiner Lebensziele erfüllt –
und das völlig unvorbereitet an einem Dienstag Nachmittag. Davon
würde ich noch meinen Enkeln erzählen – sollte ich dazu denn noch
die Möglichkeit bekommen.
„Und
dann?“
Die
Worte der jungen Frau vor mir reißen mich harsch in die Realität
zurück. Die Musik stoppt abrupt, ich verlasse mein sonniges Plateau,
verschlucke mich an meinem eigenem, übermäßig tiefem Atemzug und
habe plötzlich nur noch verdammt heiß.
„Entschuldigung?“
Mein Gegenüber starrt mich immer noch an, sie wirkt verschüchtert.
Ich lockere meine Körperhaltung. „Dazu müssen Sie erst an mir
vorbei“, wiederhole ich ruhig, verabschiede innerlich den Moment,
und fahre dann fort. „Am Ende des Ganges durch die Tür und die
Treppe hoch. Oben dann einfach den Gang entlang, die Tür zur
Turnhalle ist auf der rechten Seite. Sie können sie nicht verfehlen,
es steht sogar dran. Darin finden Sie dann auch ihre Tochter.“
„Danke“,
sagt die junge Frau und lächelt mir flüchtig zu, als sie an mir
vorbei geht.
Gern
geschehen, denke ich leise.
Einen Moment lang stehe ich unschlüssig herum. So kann es also sein,
denke ich mir. Hier stehe ich, kehre den Flur zur Mäusegruppe und
erfülle dabei eben mal so eins meiner Lebensziele. Ich habe mir die
Situation zwar anders vorgestellt – aber letztendlich konnte ich
meinen Traum erfüllen. Meine Worte sagen.
Und
wurde sogar noch von einer schönen Frau angelächelt.
Worte,
denke ich.
„Namen
sind Schall und Rauch“, heißt es doch. Und genauer betrachtet sind
Worte auch nur Namen. Sie bedeuten nichts, und dann doch wieder alles.
Vielleicht
sollten wir wieder anfangen, das Große im Kleinen zu sehen, anstatt
es nur im weit Entfernten, Unerreichbaren zu suchen. Wie sagt man
hier so schön? Großes entsteht immer im Kleinen.
Nehmen wir uns das doch zu Herzen. Dann können wir bestimmt alle ein
bisschen glücklicher sein.
Ich
sammele mich und kehre weiter.
Worte,
denke ich mir und muss lächeln. Dieses Mal sichtbar.
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